Liebste Sprache #10: „Postfaktisch“


Adventskalender „Liebste Sprache“ Türchen #10: Postfaktisch
Worte oder Ausdrücke, die ich schön finde – vom Wortbild oder Sinn her.

Postfaktisch“ wurde von der Gesellschaft für deutsche Sprache zu Wort des Jahres 2016 gewählt. Da dies schon länger umging, hatte ich es auch auf meiner Liste. Ich finde, es beschreibt sehr gut das Zeitalter, in dem wir leben. Eine Verdrossenheit von Fakten, von einer Welt die zu aufgeklärt wird, als dass wir es mit unseren Gefühlen und unserer romantischen Vorstellung von ihr,  vereinbaren wollen. So dass wir eigenntlich nur zurück zu Mama und wieder an den Weihnachtsmann glauben wollen. Und wie äußert sich das? Ein vermehrter Rückzug zu Religion. Zu Regeln, die uns vorgeben und helfen, das Leben zu leben, anstatt uns vor tausend Entscheidungen zu stellen, die wir selbst treffen müssen („Wen wähle ich? Wer ist böse, wer ist gut? Welche Ernähung ist „richtig“? Gibt es die eine wahre Liebe? Wie erziehe ich mein Kind „perfekt“?“). Wir Menschen WOLLEN nicht unendlich frei sein, wir MÖGEN ein bestimmtes Maß an Vorgaben. Zu viele Fakten verderben den Brei, quasi.
Dazu kommt natürlich auch eine Überschwemmung an Fakten generell durch das Internet und die Frage „Wem und was kann ich eigentlich noch glauben?!“.
Was im Grunde eine spannende Beobachtung ist, kann leider zu völligem Quatschverhalten führen, wenn man dann als Resultat überall Verschwörungen o.Ä. vermutet. Wie fast überall sollte man sich seiner Gefühle und dem Umstand des Postfaktischen BEWUSST werden und sich fragen, ob die Fakten wirklich alle böse sind oder ob man vielleicht eher überwältig und frustriert von der Welt ist. Und dann kann man eventuell auch besser damit umgehen und nicht erstmal alle Anderen beschuldigen.

Liebste Sprache - #10 "Postfaktisch"